Home Sweet Home

Piloten sind Traumjäger. Kaum flog man ein schönes Ziel an, schon werden Pläne für den nächsten Ausflug geschmiedet. Das letzte Mal haben wir mit Walter den Katzensprung über die Grenze nach Fertőszentmiklós gewagt, schon präsentierte ich mit glänzenden Augen die nächste Mission: Balaton, der größte See Ungarns. Ich träumte schon seit Ewigkeiten davon, endlich einen Flug zu dem See zu unternehmen, wo ich meine schönsten Sommerferien als Kind verbracht habe. Als 8 jähriger Bub, der mit weit geöffneten Augen am Ufer von Balaton die vorbeidüsenden Mückensprähflugzeuge bewunderte, dachte ich niemals, dass ich mal selbst ein Flugzeug steuern würde.

https://www.youtube.com/watch?v=RPscM7_aaQk&feature=player_embedded

Viel Überzeugungskraft brauchte ich nicht, um Walter zum Flug zum Balaton zu motivieren. Wir haben eigentlich schon seit längerer Zeit Sarmellek (LHSA) oben auf unserer Speisekarte gehabt, jedoch mussten wir dieses Unterfangen zunächst aus wettertechnischen Gründen verschieben, und anschließend wegen AVGAS-Mangel in LHSA. Nach der W&B-Berechnung war es nämlich klar, dass wir diese Reise nicht mit vollen Tanks antreten dürfen und irgendwo unterwegs nachfüllen müssen.

Geplante Route für Hin- und Rückflug: LOAV--LHFM-LHSM

Geplante Route für Hin- und Rückflug: LOAV–LHFM-LHSM

Die Tage vor dem Flug wurden mit intensiver Planung verbracht. Die Hauptroute mit Alternativen wurde auf die Luftfahrtkarte gemalt, diverse PPR-Flugpltätze entlang der Strecke wurden angerufen. Am 17. Juli war es endlich soweit. Wir trafen uns früh in Vöslau. Finger in die Luft gestreckt: Wind OK, Temperatur OK. Der Frosch im Gläschen ist oben: also bleibt das Wetter schön. Von den NOTAM-s sind wir nicht viel schlauer geworden, jedoch wurde unsere Theorie wieder bestätigt:  Österreich = Land der Hochspannungsleitungen, Ungarn = Land der Fallschirmspringer. Den Theorienachweis durften wir auf stolze 40 Seiten ausdrucken und mitschleppen. Aber gut, Ordnung muss sein (… außerdem braucht man ja eh Papierblätter wenn Öl nachgefüllt werden muss…)

Die Tage vor dem Flug wurden mit intensiver Planung verbracht. Die Hauptroute mit Alternativen wurde auf die Luftfahrtkarte gemalt, diverse PPR-Flugpltätze entlang der Strecke wurden angerufen. Am 17. Juli war es endlich soweit. Wir trafen uns früh in Vöslau. Finger in die Luft gestreckt: Wind OK, Temperatur OK. Der Frosch im Gläschen ist oben: also bleibt das Wetter schön. Von den NOTAM-s sind wir nicht viel schlauer geworden, jedoch wurde unsere Theorie wieder bestätigt:  Österreich = Land der Hochspannungsleitungen, Ungarn = Land der Fallschirmspringer. Den Theorienachweis durften wir auf stolze 40 Seiten ausdrucken und mitschleppen. Aber gut, Ordnung muss sein (… außerdem braucht man ja eh Papierblätter wenn Öl nachgefüllt werden muss…)

Der Neusiedler See hinter uns

Der Neusiedler See hinter uns

Balaton_unterwegs

Flachland in allen Himmelsrichtungen

Wir eilten uns schnell zum Rundhangar um OE-CUS von unserem Reiseziel zu erzählen. Er war offensichtlich auch begeistert und unterwarf sich brav der Vorflugkontrolle. Alles passt. Also ab zur Tankstelle. Mit Messstab ausgerüstet wachte ich über die korrekte Betankung der Maschine. Beim Flug nach Sarmellek sass ich auf der linken Seite und Walter hat die Rolle des funkenden und navigierenden Piloten eingenommen. Wien Information hat uns gleich nach dem Abheben mit einem Squawk-Kode begrüsst. Lange konnten wir aber nicht auf der Wiener Frequenz mithören, schnell hatten wir nämlich den Neufelder-See und Eisenstand hinter unserem Höhenleitwerk.

Die Piste in Sarmellek gehört uns

Die Piste in Sarmellek gehört uns

Westliche Spitze vom Plattensee

Westliche Spitze vom Plattensee

Einfach nur wunderschön!!

Einfach nur wunderschön!!

 

Grüne Landschaft unter uns

Grüne Landschaft unter uns

Die nette Dame von Budapest Information mit perfektem Englisch meldete sich erst nach dem dritten Anruf. Stolz präsentierte Walter unsere Route bis Sarmellek. Navigatorisch ist Ungarn nicht leicht. Wiesen, Felder, Wiesen und nochmals Felder. Naja, stimmt nicht ganz. Immer wieder stellten sich “Hindernisse” und “Bergketten” mit Maximalhöhe von geschätzten 20m in unseren Weg. Nach guten 40Minuten Rätseln und Diskussion über unsere jeweilige Position erblickten wir den Balaton am Horizont. Wow! Home, sweet home! Endlich werde ich meinen Lieblingsurlaubsort von oben bewundern können. Aber zunächst mussten wir noch einen Anflug auf Sarmellek meistern. In der Höhe Keszthely verabschiedeten wir uns brav von Budapest Information und wechselten auf Sarmellek. Da am Platz gerade (Korrektur: den ganzen Tag..) nichts los war, durften wir uns direkt in den Endanflug drehen. Der Anflug war schööööööön laaaaaang. Backtrack und Taxi zum APRON. “BALATON INTERNATIONAL AIRPORT” stand am blau gestrichenem Terminalgebäude. Links Ankunft, rechts Abflug, dazwischen ein freundlicher Handling-Agent (–> das hatten wir nämlich auch :) ). Ein Einwinker lenkte uns in Parkposition. Wow, endlich sehen wir einen Einwinker live. Ich gebe zu, ich habe noch nie einen gesehen. Nur im Lehrbuch. Als ich die Frage mit Ja beantwortete, ob der Tanklaster zum Nachtanken herrollen soll, kam plötzlich Airline-Feeling im Cockpit auf. Wow. Wir befinden uns gerade an einem internationalen Flughafen, bekommen einen Einwinker und gleich ein Tanklaster? Die OE-CUS sah schon ein bisschen komisch neben einem Riesenlaster aus. Unser Handling-Agent hat mit dem Nachfüllen von stolzen 30l in die Tanks unserer C152 wohl nicht das Geschäft seines Lebens gemacht. Mehr wollten wir aber nicht, um brav unter den W&B Limits zu bleiben. Er hat noch einen letzten Versuch unternommen, dass wir doch mehr konsumieren: “Ah, das ist doch eine C152, wir haben hier einen 140kg schweren Fluglehrer, der mit seinen Schülern immer volltankt” – “No thx”.

David und Goliath

David und Goliath

Randvoll gefüllter Warteraum

Randvoll gefüllter Warteraum

“So, wos moch mo nu?” – fragten wir uns mit Walter.Am Flugplatz gab es ausser dem äusserst hilfsbereiten Personal und dem Tanklaster nicht wirklich was zu sehen. Sofort zurückfliegen wollten wir auf keinen Fall.  Wir haben uns noch überlegt mit dem Taxi in die malerisch schöne Stadt Keszthely, in die Stadt Hévíz mit dem berühmten Thermalbad oder einfach mal zum Ufer von Balaton zu fahren. Sehr verlockende Ziele eigentlich. Ich zog in diesem Augenblick jedoch einen “hinterhältigen” Plan aus meiner Hosentasche: “Du, Walter, ich habe mal gestern heimlich noch einen Flug rund um den See geplant. Zwar haben wir beide wenig Erfahrung auf Graspisten, jedoch könnten wir sogar eine Landung in Siófok-Kiliti probieren?!”. Da Walter keine Einwände eingebracht hatte (wieso wohl… :) ), gaben wir rasch einen Flugplan nach Siófok auf und verabschiedeten uns vom super netten Flughafenpersonal. Mit mir links und Walter rechts, stiegen wir nach einer Linkskurve Richtung Meldepunkt “BALATON” (welch, eine überraschende Namenswahl…).

Kleiner Abstecher: Sarmellek - Siofok - Sarmellek

Follow-me Car für den Shuttle Bus :)

Follow-me Car für den Shuttle Bus :)

Shuttle Bus

Shuttle Bus

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Shuttle-Bus von innen

Zum Glück hat Walter den Funk übernommen, ich war nämlich sprachlos. Beeindruckt von der Farbenvielfalt vom See, der prächtig-grünen Hügelkette im Norden und vom dichtbesiedelten Südufer war ich froh Kurs und Höhe halten zu können. Im Cockpit sind nicht viele Worte gefallen, wir waren beide überwältigt. Wir näherten uns der Halbinsel Tihany mit der ältesten Abtei  Ungarns. Wir durften nicht mehr lange auf der Informations-Frequenz verweilen, um Siófok-Kiliti zu kontaktieren. Wir meldeten uns auf der neuen Frequenz an und hiermit fing ein weiterer traumvoller Teil der Reise an, der uns zum Schluss bestätigte, dass Siófok-Kiliti ein FLUGPLATZ ZUM NIEDERKNIEN ist. Nach dem üblichen Erstanruf erwiderte der Flugleiter mit perfektem Englisch die Pistenrichtung, informierte uns über die anfliegenden Maschinen und gefragt, ob wir ein Follow-me Car benötigen. Eine was???? Follow-me Car auf einer stinknormalen Graspiste, für uns kleine?? Wie beantworteten die Frage zunächst negativ. Daraufhin hat uns der Flugleiter sehr höflich gefragt, ob wir mit den Rollwegen vertraut sind. Hm…was kann da so kompliziert sein? Oder vielleicht will er uns einen netten Gefallen tun? Nun ja, “wir brauchen doch eine” lautete unsere Antwort. “Wollen Sie auch tanken, dann führt sie der Follow-me Car nämlich direkt zur Tankstelle”. Uh. Oh. Das hört sich nach Service an.

“Nun ja…” – stellten wir bescheiden unsere Ansprüche vor – “…wir würden nur etwas kleines Essen und dann weiterfliegen”. “Sehr gerne! Wir haben ein kleines Bistro am südlichen Ende der Piste. Packt Eure Sachen zusammen und ich hole Euch in der Zwischenzeit den Crew-Bus, der Euch hinbringt” – kam prompt die Antwort. “Öööö…ja…danke…” – wir waren wortlos. Ein Crew-Bus?? Haben wir das richtig gehört? In der Tat wurden wir zum anderen Ende der Piste, zu einem kleinen Restaurant kutschiert. Die Vorführung war jedoch noch nicht vorbei. Stolz machte die Dame einen kleinen Rundgang mit uns um die neu angerichteten Umkleidehäuser für die Fallschirmspringer vorzustellen. “Wollt Ihr vielleicht duschen? Wir haben nagelneue Duschräume für unsere Gäste!”. Wir haben das Angebot dankend abgelehnt. Hm…vielleicht wollte sie mich auf einer sehr feinen Art und Weise auf mein verschwitztes T-Shirt hinweisen? Nun ja. Duschen wollten wir also nicht. Statt dessen haben wir einen saftigen Hamburger und einen Plattensee-grossen Schnitzel in uns gestopft. Was gibt es wohl schöneres als nach einem Flug zum schönsten See der Welt (…meiner Meinung nach), Fallschirmspringer bewundernd, im Schatten, eine deftige Mahlzeit zu verdauen?

Mittagessen im Schatten

Mittagessen im Schatten

Der Hubi hatte auch so viel Hunger wie wir

Der Hubi hatte auch so viel Hunger wie wir

Let’s jump

Let’s jump

Nach einer guten Stunde Faulenzen machten wir Gedanken über den Rückflug. Auf der Luftfahrtkarte haben wir eine ähnliche Rückflugstrecke aufgepinselt, wie beim Herflug. Wir würden zunächst das nördliche Ufer von Balaton bis Sarmellek fliegen. Anschließend soll uns die OE-CUS über den Meldepunkt Stein und Wiener Neustadt nach Vöslau bringen. Der Crew-Bus fuhr uns zum Hauptgebäude zurück, wo wir uns durch den dritten Akt der Flugplan-Orgie kämpfen: Flugplan nach Sármellék.

Mein Puls schlug in die Höhe, als sich die Dame mit der Rechnung für unsere Aufenthalt in Siofok näherte. Grundlos!!! Umgerechnet 12EUR wurden wir “ärmer” aber dafür reicher um viele viele Eindrücke: Follow-Me Car, Einwinkerin, Crew-Car, Luxus-Briefingraum,ein immer lächelndes und motiviertes Personal, Liegestühle, Graspiste mit Anflugbefeuerung, Duschmöglichkeit, Unterkunft…nicht unbedingt fremd von einem internationalen Flughafen aber ungewöhnlich von einer Graspiste.

Unterwegs zum Nordufer

Unterwegs zum Nordufer

Nordufer

Nordufer

Balaton_entlang_See

Hafen unter den Reifen

Hafen unter den Reifen

Nachschub in Sármellék

Nachschub in Sármellék

Vor dem Abflug hat uns der Flugleiter vorsichtigkeitshalber gefragt, ob wir uns bis zur Piste ein Follow-me Car wünschen. Uh, also das wäre wirklich viel vom Gutem, der Rollhalt lag nämlich direkt vor unserer Nase. Der Wind ist in der Zwischenzeit etwas lebhafter geworden, aber Walter hielt nach dem Abflug unseren Kurs stabil an die nördliche Uferseite, in Richtung Balatonalmádi. Zwar haben wir vor dem Flug über Homebriefing einen Flugplan nach Sarmellek aufgegeben, der sogar mit einer SMS bestätigt wurde, jedoch hat Budapest Information nichts von unserem Plan mitbekommen. Da diesmal Walter uns durch die Luft steuerte, hatte ich genügend viel Zeit, die glitzernde Seeoberfläche, die Ameisen-großen Badeurlauber und die zick-zack fahrenden Segelboote zu bewundern. Viel zu schnell sind wir an der westlichen Spitze vom Balaton angekommen. Da in Sarmellek wieder nicht viel los war, konnten wir Airliner-mäßig einen ewig langen Endanflug fliegen. Zur “Freude” unseres Handling-Agenten haben wir das Theaterspiel mit dem Tanklaster wiederholt. Weinend tröpfelte er paar Liter in unsere Tragflächen. Über DIOSKAL verließen wir Sarmellek und nahmen direkten Kurs auf den Grenzüberflug STEIN. Dank dem Rückenwind haben wir eine Groundspeed von magischen 110kt erreicht. Tjah, die C152 ist halt keine Reno-Maschine aber umso mehr Zeit blieb uns die Landschaft zu bewundern. Mittlerweile ist der Wind in Vöslau auch sportlich geworden, jedoch pfiff er bei der Landung aus der optimalen Richtung: von der Nase. Mit einer sanften Landung hat Captain Walter den perfekten Tagesausflug gekrönt. Von dem Tag haben wir nicht nur hunderte von Fotos sondern zahlreiche fliegerische Erfahrungen mitgenommen: (1) dieser Ausflug war für uns der erste grössere. Endlich haben wir gesehen, dass die Welt hinter der Standardroute Vöslau – Krems – Vöslau nicht aufhört. (2) Mit 4 Flugplänen haben wir die heutige Flugplan-Orgie mit Bravur gemeistert. (3) Zwar ist Sarmellek von der Verkehrsdichte und von der Komplexität her nicht wirklich mit Frankfurt Flughafen vergleichbar, jedoch haben wir in den praktischen Abläufe an einem Flughafen und in den Umgang mit Flughafenpersonal reingeschnuppern können. Motiviert durch die Erfolge des Tages wurden selbstverständlich gleich Pläne für das nächste Ausflugsziel geschmiedet: “Wie wäre es mit Salzwasser schnuppern? Was hältst Du von Portoroz?” – richtete ich die Frage an Walter beim Abschied.

Dieser Vulkan bricht heute nicht mehr aus

Dieser Vulkan bricht heute nicht mehr aus

Zwei zufriedene Piloten

Zwei zufriedene Piloten