Die Zutaten für einen ausgedehnten Flugtag waren heute gegeben: Bestes Kaiserwetter, Abflugfreigabe von der Familie, ordentliche Portion Neugierde und Riesen-Motivation. Zum Glück ging es meinem Fliegerkollegen Walter genauso.
Wohin sollen wir bloss fliegen?! Zeit hätten wir den ganzen Tag und laut Wetterbericht würden alle Himmelsrichtungen passen. Sollen wir nach Zell am See zur Air-Expo? Oder vielleicht dicht an der Donau, in Vilshofen landen? Oder eher unsere südliche Nachbarn besuchen? Oder doch nach Osten?! Ah, diese Entscheidungen..die Qual der Wahl. Unter solchen Qualen leiden wir aber ausgesprochen gerne.

Zunächst hat der Reisekompass Richtung Zell am See gezeigt. Am Vorabend des geplanten Ausfluges haben wir ihn jedoch um 180 Grad umgedreht. Also, ab nach Ungarn!!
Vor zwei Jahren haben wir uns Siofok (LHSK) entdeckt. Eine wunderschöne Graspiste mit toller Infrastruktur an der südöstlichen Spitze vom Plattensee. Die schönen Erinnerungen wollten wir nochmals erleben. Also die erste Zwischenstation stand fest: Siófok. Aber komm…wir haben doch den ganzen Tag Zeit und vielleicht ist das der letzte schöne Tag vor dem Einbruch der hartnäckigen Nebelsuppe über Wien. Lass uns weiterfliegen! Und schon wurde der Strich auf der Karte weiter Richtung Süden, bis nach Pécs-Pogány (LHPP) verlängert. Irgendwie müssen wir noch nach Bad Vöslau zurückkehren. Wir haben schon viel gutes vom Schloss Hertelendy gehört. Das Schloss besitzt eine eigene, gut gepflegte Graspiste. Und komm, man landet nicht jeden Tag an der hauseigenen Piste eines 5-Sterne-Hotels!
Unser Plan schaute dann Freitag Abend so aus:
* 1. Strecke: Bad Vöslau –> Siófok
* 2. Strecke: Siófok –> Pécs-Pogány
* 3. Strecke: Pécs-Pogány –> Schloss Hertelendy
* 4. Strecke: Schloss Hertelendy –> Bad Vöslau
Die Plätze, ausser unserer Homebase und Siófok, waren uns alle neu. Wir haben daher die Webseiten der Flugplätze fleissig studiert, alle mögliche Streckenvarianten/W&B/Start-Landestrecken/usw.. durchgeplant. Sicherheitshalber haben wir noch alle Flugplätze telefoniert. Alles ganz easy! “Kommt ruhig, Ihr seid herzlichst willkommen!”, lautete die Antwort vom anderen Ende der Leitung. Und so war es auch! Wir haben uns an allen Plätzen wirklich herzlich willkommen gefühlt!
Aber nicht so schnell, fangen wir lieber vorne an! Am Tag des Fluges war mein Wecker auf 7:30 gestellt aber vor lauter Reisevorfreude sprang ich schon 6:00 aus dem Bett. Schlafen konnte ich eh nicht mehr. Rasch habe die ersten Wettervorhersagen gecheckt. Uh, es könnte wirklich ein schön ausgedehnter Flugtag werden!! CAVOOOOK über ganz Ungarn. Keine Spur von Nebel, Wind, Gewitter und sonstigen “Spaßfaktoren”! Perfekt. Es wäre eine Schande bei diesem Wetter am Boden zu bleiben. Also, ab in die dritte Dimension!
Am Flugplatz angekommen haben wir gleich mal einen Flugplan bis Siófok aufgegeben. Die restlichen Flugpläne geben wir dann unterwegs auf.
Flieger gecheckt, getankt und ab in den Osten!! Wie im Fluglan angegeben, pünktlich um 9:45 schieben wir alle Hebel auf Laut. Ich flog die erste Strecke bis Siófok. Bis Fertőszentmiklós war der Flug Routine. Dann drehten wir mit Heading 155 Richtung Balaton. Navigieren in Ungarn ist nicht so ganz leicht. Rechts Äcker, links Äcker, vorne Äcker, hinten Äcker, unten Äcker, überall Äcker. Aber wer jetzt denken würde, dass das alles langweilig ist, der/die irrt sich gewaltig! Wenn man ein bisschen hinschaut, kann man immer wieder etwas interessantes entdecken:
Im Herzen Ungarns unterwegs:
Noch ein Herz mitten in der Landschaft:
Die Luft war wegen einer dünnen Inversion in unserer Flughöhe von 3500ft leicht diesig, weshalb wir die charakteristische, flache vulkanicshe Berg”spitze” von Badacsony erst auf halber Strecke zum Balaton erblickt haben.
Bis da hat Walter sein Bestes gegeben. Er hat sich quer durch das Land ziehende Autostrassen, kleine Städte und Eisenbahnlinien ausfindig gemacht. Ich gebe zu, ab und zu schweiften unsere Blicke über die GPS-Anzeige. Übrigens: wer Eisenbahnlinien in Ungarn ausfindig machen möchte, hat es nicht immer so leicht, wie in Österreich. Hierzulande fehlen nämlich die “charakteristischen” Raiffeisen-Silos von den Bahnhöfen.
Unterwegs ziehen wir noch an der Burg Sümeg vorbei. Die Burg steht auf einem “Berg” (=ungarische Bezeichnung; auf österreichisch: “Hügelchen”), der sich mittendrin in einer flachen Ebene befindet. Ich glaube, König Béla IV. hatte im 13. Jahrhundert nicht allzu schwer gehabt die ideale Bauort für seine Burg auszusuchen. Er hat die erste Erhöhung in der Gegend gewählt. Sehr schlau!!
Während wir die Burg überfliegen, sind meine Gedanken schon beim König Béla. Wow, ich wäre vielleicht sein bester Soldat gewesen..ich hätte während des Mongolensturms in 1421 mit unserer Vereins-Cessna in den Wäldern lauernde, feindliche Truppen ausspionieren können. Uh, ich wäre ein echter Held gewesen..ah, Peter, komm!! Wach auf!! Der Plattensee ist in Sicht. Der im Sonnenschein glitzernde See erstreckt sich direkt vor unserer Nase, auf einer Länge von etwa 60 km von Nord-Ost bis Süd-West. Mit seiner durchschnittlichen Tiefe von 3 Metern ist es nicht gerade ideal für das Tiefseetauchen. Aber lassen wir das. Wir haben heute eh andere Absichten. Wir wollen den See überqueren (mea culpa!! Das wagen wir sogar ohne Schwimmwesten!!) und auf der südlichen Uferseite bis Siófok entlangfliegen.
Schon sind wir bei Tihany und Walter holt schnell die Landeinfos von Siófok ein. Christa, die gute Seele vom Flugplatz empfiehlt uns die Piste 15. Der MI-8 dreht schon seine ersten Runden mit den Fallschirmspringern, deswegen müssen wir fleissig nach von oben herunterfallenden Objekten/Personen Ausschau halten. Siófok hat praktisch im ganzen Sommer regen Fallschirmbetrieb. Man soll deshalb nicht einfach so über den Flugplatz drüberbrettern, sondern bestenfalls meiden, wenn man nicht beabsichtigt zu landen. Tut man so, hat man einen wichtigen Beitrag zum Fortbestand der Piloten-/Fallschirmspringergattung geleistet!
Ich finde die 1250m lange Graspiste von Siófok faszinierend. Schilder, Pistenbefeuerung und auf Wunsch Follow-me Car. Dieser Platz investiert viel in Verbesserungen. Also unterstützt es auch und fliegt hin! Auf Wunsch von Christa folgt jetzt eine kleine Werbung:
<werbung>Liebe Piloten Fallschrimspringer und Luftfahrtbegeisterte! Ihr seid bei uns herzlich Willkommen! Fallschirmspringen mit der MI-8. Unterkunft direkt am Platz. Shuttle-Bus zum See. </werbung>
Doch diesmal konnten wir nicht länger am Platz verweilen. Wir wollten ja heute noch weiter nach Süden, bis nach Pécs.
Wir geben schnell noch einen Flugplan nach Pécs auf. Manche mögen vielleicht komisch finden, warum man für einen kurzen Inlandhüpfer von Siófok nach Pécs einen Flugplan braucht. Naja, vorgeschrieben ist es nicht, aber mir kommt es beim Fliegen in Ungarn so vor, dass fast jeder ungarische Pilot mit Flugplan fliegt. Und ganz ehrlich, es ist in Ungarn wirklich kein Rocket(c)-Science einen Flugplan aufzugeben. Nix mit Homebriefing & Co!! Für VFR-Inlandflüge einfach 0036-296-9143. und für grenzüberschreitende oder IFR-Flüge die 0036-296-6844 anrufen, Flugplan runterbeten und fertig. Das ganze ist in 2 Min erledigt. Kost’ kaum was und alle sind happy (vor allem die Lotsen).
Wir haben schnell noch die Landegebühren am Turm bezahlt (8 EUR), Sitzplatzwechsel und Walter richtet schon die Nase der OECFF auf die Abflugrichtung auf der Piste 15. Er sticht den Throttle rein und Sekunden später sind wir in der Luft. Navigatorisch war Pécs leicht zu finden. Unterwegs zeigen diese, langgezogenen Seen die Richtung nach Pécs.
Ausserdem war die “Bergkette” (=ungarische Bezeichnung) Mecsek schon vom weiten zu erkennen. Der Schöpfer dieses Berges hat an uns Piloten gedacht. Seht Ihr die kleine Einwölbung in der Mitte des Berges auf dem Bild unten? Wenn man dieses “Loch” anpeilt kommt man auf der anderen Seite des Berges genau auf die Piste. Auch Flugzeuge mit einem etwas grösseren, hängenden Bauch kommen bequem durch diese Lücke bis zum Flugplatz, ohne mit der Vegetation in Berührung zu kommen.

Da Walter kürzlich seine IFR-Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen hat, wollte ich ihm das Gefühl eines loooooong looooooong Finals schenken. Ich habe mich am Funk nach Möglichkeit dieser erkundigt, was prompt bejaht wurde.
Alle waren sehr durstig. Die OECFF hat an der Tankstelle, wir im Terminal getrunken. (<werbung>Für Flugzeuge unter 2t, die mindestens 50l tanken, zahlt man nur die Hälfte der Landegebühren. In unserem Fall 1350HUF/4,5EUR</werbung>).
Es war nicht so viel am Platz los. Wie uns jedoch die nette Dame vom Handling erzählt hat, fängt bald die Hirsch-Jagdsaison in den Wäldern von Pécs an. Zu diesem Anlass fliegen im Herbst immer wieder Gäste mit feinstem Gerät (siehe den Cititation Jet auf dem Foto oben..) nach Pécs ein.
Im hübschen Terminal von Pécs-Pogány stolpern wir noch über dieses Schild. Security wird ja heutzutage gross geschrieben. Warum das Netzwerk überhaupt noch verschlüsselt ist, bleibt uns ein Rätsel. Wir nix verstehen. Themenwechsel:
In Pécs können wir auch nicht lange bleiben. Es fehlte noch die Sahne von der Torte: das Schloss Hertelendy. Landegebühren bezahlt, Flugplan erledigt und ab in die Luft. Wir fliegen den Ausläufern der Mecsek-Gebirge entlang, eine knappe halbe Stunde bis Hertelendy. Ich habe Walter schon vorgewarnt, dass er nicht überrascht sein soll, wenn sich keiner am Funk meldet. Gut so. Walter war nicht mehr überrascht. Gemeldet hat sich in der Tat niemand. Passt auch. Da der “stürmische” Wind mit 5kt vom Süden “pfiff”, haben wir uns die Piste 17 ausgesucht. Paar Kurven, Blindmeldungen und schon sind wir heil unten angekommen. Wow, wir haben es geschafft!! Wir haben beim Personal nachgefragt, ob wir wohl beim Funk irgendwas falsch gemacht hätten. Ihr wisst ja … diese Reflexe … ohne Flugleiter nix mit Landen… Aber alles no problemo! Die nette Dame an der Rezeption hat uns aufgeklärt, was Sache ist: “Sie sind die Piloten, Sie sehen eh den Windsack. Ich könnte zwar am Funk immer sagen, dass “Landen nach eigenem Ermessen”, aber das ist eh so. Sie sind für sich verantwortlich und Sie können eh entscheiden, was richtig ist.” Also, es geht auch so! Hat gefunkt! Besser gesagt, es hat nicht gefunkt, aber trotzdem funktioniert. Meiner Meinung nach ist es zwar sehr hilfreich, wenn es unten eine(n) gibt der/die mitdenkt, über die herrschenden Windverhältnisse berichtet, aber es sollte kein Weltverbrechen sein, wenn man mal doch ohne Flugleiter(in) landet.
Uh..Sabber..Sabber.. Das schaut ja spannend aus. Wir haben uns auf dem riesigen Gelände gleich auf eine Entdeckungstour begeben. Geleitet durch unsere Neugierde und durch den nicht mehr zu unterschätzenden Hunger. Ein kleiner Weg über einen ausgetrockneten Bach schien vielversprechend. Aus dem kleinen Feldweg wurden irgendwann Pflastersteine..ich glaube, wir sind hier richtig:
Na Servas. Des schaut schee aus! Ich lasse jetzt mal die Bilder sprechen, weil ich das eh nicht mit Worten wiedergeben kann:
Nach so einer langen Reise lassen wir uns jetzt mal kulinarisch verwöhnen. Die Speisekarte ist nicht lang, daher bereitet uns die Bestellung kein grosses Kopfzerbrechen. Einmal von oben nach unten bitte!! Walter denkt wieder an Kapitel 7 des Flughandbuches (Weight & Balance) und gönnt sich “nur” einen kaiserlichen Kaisersalat. Uh, welch ein Genuss für den Pilotengaumen! Also nach einer anstrengenden Arbeitswoche können wir uns wirklich keine bessere Entspannung vorstellen, als einen ausgedehnten Flug zu einem Aero-Hotel.
Wir sind beide sehr wortkarg. Geniessen und reden kann man nicht gleichzeitig. Ein schöner Flug, ein hervorragendes Menü, ein perfektes Milieau. Was braucht man mehr?? Wir essen, geniessen, fotografieren, essen, geniessen, fotografieren. Zwei Stunden lang. Es fällt uns nicht leicht dieses Paradies zu verlassen. Langsam müssen wir aber an die Heimreise denken. Während die Piloten am Nachbartisch mit der intuitiven Benutzerführung der Homebriefing-Webseite kämpfen, greifen wir gemütlich zum Handy und geben in Sekundenschnelle unseren Flugplan nach Hause auf.
Es fällt uns sehr schwer vom Tisch aufzustehen, aber wir sind uns eh einig, dass wir nicht das letzte Mal an diesem Tisch saßen. Ein gemütlicher Spaziergang durch das Areal führt uns zurück zu unserer treuen Reisemaschine. Wir sind mittlerweile alleine auf dem Flugfeld, weil all die anderen schon heimgeflogen sind. Wir überlegen uns noch kurz, welche Pistenrichtung wir nehmen sollen. Zum Glück haben wir das entsprechende Messgerät dabei:
Wir waren wirklich froh, dass der Motor nach einigen Versuchen endlich angesprungen ist. Eine Zwangsübernachtung in Hertelendy wäre zwar reizend für den Körper & Seele, jedoch katastrophal für die Geldbörse gewesen. (.. Der neugierige Leser schaut jetzt auf der Webseite von Hertelendy nach den Zimmerpreisen und staunt…http://hotel-hertelendy.com/zimmerpreise)
Walter steigt gemütlich auf unsere Flughöhe von 4500ft. Wir reden wieder sehr wenig. Das Flugzeug gleitet durch die Luft, wie das Streichmesser durch die weiche Butter. Wir genießen die unter uns vorbeiziehende Landschaft und hören brav der Entertainment-Frequenz 125.5 zu. Die Lotsen sind sehr leicht zu verstehen (..vor allem wenn man die Landessprache besitzt). Der Funk der Info-Frequenz hört sich über Ungarn irgendwie so an, als würden sie in ein Rohr sprechen. Scherz beiseite. Sie sind wirklich gut zu verstehen, super nett und locker. Es ist sehr empfehlenswert mit ihnen in Verbindung zu stehen!!
Vom Schloss Hertelendy kommend überfliegen wir den Balaton in der Nähe von Balatonkeresztúr und dann weiter an meiner Burg bei Sümeg vorbei, schnurgerade bis Fertôszentmiklós. Wir sinken langsam auf 2500 Fuss um nicht mit schwerem Metall über Wien-Schwechat in Berührung zu kommen. Der Rest ist Routine. Eisenstadt, Autobahn-Auffanglinie, Landen auf der 13 in Vöslau, Flieger putzen. Geschafft!!
Was für ein herrlicher Tag!! Wir haben das Farbenspiel vom Balaton gesehen, den Flugplatz Pécs-Pogány entdeckt und einen kulinarischen Ausflug nach Hertelendy unternommen. Ich weiss, dass für viele, die diesen Bericht mitlesen, das ganze Routine ist. Für uns war noch vieles neu und es hat einfach Riesen-Spass gemacht zu zweit unser fliegerisches Horizont um ein paar Meilen zu erweitern.
Fazit:
* Hotel: 5 Sterne
* Flug: 5 Sterne
* Spass: 5 Sterne
Nützliche Infos für die, die es gerne nachmachen möchten (keine Gewähr für die Richtigkeit der Daten):* Wetter:* METAR, TAF, Text-GAFOR: http://met.hu/en/idojaras/repulesmeteorologia/* www.idokep.hu: eine tolle Webseite mit vielen Wetterdaten. U.a sind die Webcams ganz hilfreich: http://www.idokep.hu/webkamera Man merkt schon, dass die Entwickler der Webseite viel Liebe reinstecken. Ein kleines Schmankerl: die Animierte Windkarte von Ungarn (am PC anschauen!): http://www.idokep.hu/szel* Flugplatzkarten von Ungarn: www.hungaryairport.hu* Webseite von Siófok (LHSK):* Webseite vom Schloss Hertelendy:* Webseite von Pecs (LHPP):* Flugbeschränkungsgebiete: http://www.hungarocontrol.hu/en/airport-use-plan Eine sehr übersichtliche und täglich aktualisierte Seite über die aktiven Luftbeschränkingsgebiete über Ungarn.* ARO Hungary* E-mail: aro@hungarocontrol.hu* Telefon:* +361 296 9143 (VFR Inland)* +361 296 6844 (IFR, VFR Ausland)